Die Via Valtellina verläuft von Tirano, der Hauptstadt des norditalienischen Veltlins, durch das Val Poschiavo (Buschlav) über den Berninapass in Richtung Davos und dann weiter über das Schlappiner Joch ins Montafon, wo Schruns als Umschlagplatz gewissermaßen die Funktion des Zielortes der Via Valtellina einnimmt. Die Route spielte bis in die Zeit nach der Mitte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle im grenzüberschreitenden Handelsverkehr. Alte Wegverläufe und daran befindliche Reste früherer Gaststätten erinnern an die einst stark begangenen Pfade.
Beziehungen gab es vermutlich schon in vorgeschichtlicher Zeit über die Pässe hinweg. Im 13. und 14. Jahrhundert siedeln Walser in Davos, Klosters, Schlappin und im Montafon. Sie treffen auf eine romanisch sprechende Bevölkerung, wie Flurnamen zeigen. 1496 wird das Prättigau österreichisch, 1649 kauft es sich los. Die Engadiner am Transitweg vom Maloja- zum Reschenpass pflegen intensiven Kontakt zum Süden und zum Tirol. Ihre direkten Nachbarn jenseits des Berninapasses, die Puschlaver, haben seit je enge Beziehungen zum Veltlin. Die wichtigste Gemeinsamkeit in dieser langen Zeit ist neben der Landwirtschaft der Handel.
Veltliner. Das lebensnotwendigste Importgut war Salz, das aus Hall im Tirol, aus Bayrisch Hall oder aus Venedig (Meersalz) stammte. Neben dem Salz war der Wein das häufigste Einfuhrgut. Er war gleichzeitig Getränk, Zahlungsmittel, Lohnbestandteil und Hausmittel. Er gelangte auf dem Rücken von Saumtieren oder auf Schlitten in schweren Holzgefäßen, den sogenannten "Lägla" nach Norden. Abnehmer waren in erster Linie die Bündner, der Wein gelangte aber auch in die Ostschweiz, nach Vorarlberg und bis nach Deutschland. Hauptexport war das Grossvieh, das auf den Märkten von Lugano, Tirano und dem Vinschgau verkauft wurde, Zuchtvieh und Pferde kamen aus dem Allgäu, Tirol und Montafon.
In einem Gerichtsentscheid des Jahres 1779 soll die Via Valtellina gar als "Hauptstraße" bezeichnet worden sein, war es doch nicht nur eine viel begangene Verbindung zwischen Vorarlberg und Oberitalien sondern auch der kürzeste Weg vom Bodensee zum Comersee und weiter nach Mailand. Das Aufkommen und der Ausbau des Eisenbahnverkehrs im Allgemeinen und die politische Situation des Habsburgerreiches infolge des Verlustes der Lombardei im Speziellen stellten den Fernhandel über die Jöcher ein. Die Bedeutung dieser Routen sollte in der Folge nur mehr lokal gegeben sein.
Die neue Via Valtellina - ein Weitwanderweg. Die ViaValtellina führt auf der einstigen Säumerroute des Veltliner Weins durch drei Länder und drei Sprach- und Kulturregionen zu dessen Ursprung im Veltlin. Vom rauen alpinen Klima bis ins südlich angehauchte Tirano durchquert der Weg alle Vegetationsstufen. Bis in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebten die Leute an diesem Weg fast ausschliesslich von der Landwirtschaft, im Veltlin zusätzlich vom Wein. Der nun aufkommende Tourismus sollte das Leben in den Alpen verändern. Er erreichte 1914 einen ersten Höhepunkt. Entscheidend für diese rasante Entwicklung war der Bau der Alpenstrassen und der Alpenbahnen.
Seit den 1950er Jahren gerieten auch die Alpen in den Sog der unaufhaltsamen Mechanisierung. Gewachsene Formen der Bewirtschaftung wie die Maiensässwirtschaft im Puschlav und Veltlin wurden teilweise aufgegeben. Maiensässhütten werden zu Ferienhäusern umgebaut oder zerfallen. Neue Architektur verdrängt traditionelle Bauweisen, im Walsergebiet ebenso wie im Engadin oder im Puschlav. Vom Verkehr geprägte Siedlungsmuster wie die Strassendörfer La Punt oder Pontresina erhalten ein neues Gesicht. Die Mobilität beeinflusst die Sprache. Das Romanische im Oberengadin wird immer mehr vom Deutschen verdrängt.
Sonderdruck Montfort. Dazu ist über die Via Valtelina ein Sonderdruck in der Montfort 2010 erschienen in der die Via Valtellina der historische Alpenübergang als Weitwanderweg skizziert ist. Der Sonderdruck steht als PDF zum Download zur Verfügung. Autor ist Dr. Helmut Tiefenthaler. Der Weitwanderweg Via Valtellina ist nun eine Reise der Gegensätze, des Wandels. Eine Reise durch die Zeit. Auf dem Kulturweg zwischen Schruns und Tirano werden die wichtigsten kulturgeschichtlichen Besonderheiten der einzelnen Wegabschnitte beschrieben. Ergänzt wird der interessante Beitrag durch die Angabe von Gehzeiten, Übernachtungsmöglichkeiten sowie einer Übersichtskarte zum Wegverlauf.
DR. HELMUT TIEFENTHALER geb. 1941, Studium der Geografie, Geschichte und Philosophie, entwickelte bis 2001 im Dienst des Landes das Vorarlberger Wanderwegekonzept und gilt als einer der besten Kenner des Landes. Unter anderem sind als Bücher erschienen: "Wege in die Vergangenheit in Vorarlberg" (2. Auflage 2008), "Wege in die Vergangenheit im Alpenrheintal" (2007), "Vorarlberg - Winterwanderungen" (2. Aufl. 2007) und "Wege in die Natur in Vorarlberg" (2008).
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- DR. HELMUT TIEFENTHALER: Die Via Valtellina - Ein historischer Alpenübergang als Weitwanderweg, Sonderdruck Montfort 62. Jg., 2010 Heft 1, pdf., 24 S., 1,3 MB, 5.5.2010
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- 28.5.23[Letzte Aktualisierung, online seit 3.10.10]
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